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St. Martin-Ein Dom im Kleinen
Die Bundenbacher Pfarrkirche St. Martin ist die prächtigste in der kleinen Gruppe gotischer Stufenhallen auf der Sickinger Höhe. 1206 wurde sie erstmals urkundlich erwähnt, siehe Zeittafel.
Sie liegt oberhalb der im 13. Jahrhundert entstandenen Burganlage und des alten Ortskerns als östlicher Abschluß des Dorfplatzes, den ursprünglich die Gebäude des herrschaftlichen Hofgutes einfaßten.
Aus den Maßen und Einzelformen des Turmes geht eindeutig hervor, daß er der Bauschule des Benediktinerklosters Hornbach zuzuschreiben ist.
Als ehemalige Wehrkirche besitzt die St. Martinskirche noch ihre Ringmauer, innerhalb derer bis 1853 der Kirchhof war. Der Zugang erfolgt dort, wo die Mauer am höchsten ist. Die mächtigen Torpfeiler, die ursprünglich einen Bogen trugen, weisen Wetzrillen auf, der westliche Pfeiler zeigt einen keltischen Schalenstein, einen Hinweis darauf, daß an der Stelle der Kirche ein heidnischer Kultplatz angenommen werden kann.
Die Ringmauer war bis Ende des 19. Jahrhunderts noch 1,50 Meter höher. Die tiefen Einkerbungen in der Wand hinter dem Eingangsportal zeigen, daß der Zugang verrammelt werden konnte, wenn Gefahr drohte.
Rundgang um die Kirche
Der romanische Chorturm und das um 1320 entstandene gotische Kirchenschiff bilden durch den warmen Ton des roten und gelben Sandsteins eine Einheit von 14 auf 14 Meter. An zahlreichen Steinen des Kirchenschiffs fallen die Zangenlöcher und die Steinmetzzeichen auf.
An zwei Stellen der Außenmauer findet sich die Inschrift eines Maurermeisters Ihas Biebrich, der 1820 nach Amerika auswanderte.
Im zweiten Joch der Südwand befindet sich das Hauptportal, während eine wohl ältere Pforte in der Westwand des südlichen Seitenschiffs vermauert ist. Die Rahmung des Hauptportals besteht aus einem gekehlten Spitzbogen zwischen Fasen; das Bogenfeld und die Bogenschenkel aus grauem Sandstein ruhen auf Tierkopfkonsolen, einem Ochsen und zwei Eseln. Das Tympanon ist reich mit gotischem Maßwerk verziert; über zwei Dreipässen ein Vierpaß, der in Lilienblüten ausläuft. Die Blüten sind Zeichen des Zisterzienserordens.
1755 wird, man lese das Chronistichon über dem Seitenportal, der "thurm weit höher aufgebauet" und erhält statt des romanischen Satteldachs einen vierseitigen Spitzhelm mit der heute noch erhaltenen Bekrönung. Der Türsturz an der einfach profilierten Seitentür am Turm trägt die Inschrift: "EXALTA.FVIT.STET.PERPETVO.QVOQVE.TVRRIS.
ALME.DEVS.TIBI.SVNT.GLORIA.LAVS.ET.HONOS.- Der alte thVrM steht nVn Welt höher aVfgebaVet Wle ihn ein Leser hier zVr ehre gottes sChaVet", wobei das Chronogramm die Jahreszahl 1755 ergibt.
Pfarrhaus, Jugendheim, alte Schule
1788 wird die Pfarrscheune, das heutige Jugendheim, 1792 das Pfarrhaus neu erbaut. Zusammen mit der Kirche bilden sie ein in der Pfalz nur noch selten erhaltenes Ensemble: Kirche, Gemeindehaus und Pfarrhaus als Zentrum der Pfarrei. Direkt nach Norden zu ist auf die Kirchhofsmauer das frühere evangelisch-lutherische Schulhaus aúfgesetzt, ursprünglich ein einstöckiges Gebäude, das im 18. Jahrhundert an das gotische Beinhaus angebaut wurde.
Das Innere
Obwohl Länge und Breite des Kirchesschiffs selbst fast gleich sind, entsteht durch die Reihe der mächtigen Pfeiler der Eindruck einer langgestreckten gotischen Halle, deren Mittelschiff zum Chor hinführt. Im südlichen Seitenschiff steht an der Stelle des 1389 genannten Seitenaltars St. Nikolaus und St. Katharina der Pfarrstuhl.
Das gotische Sakramentshaus daneben ist erhalten. Wer sich davor hinkniet, sieht im Gesprenge nach unten die kleine steinerne Rose, die noch Dutzend Mal in den Wandmalereien, auf zwei Gewölbeschlußsteinen und an einer Gewölbekonsole vorkommt. Auch das Maßwerk des Portaltympanons läuft in zwei solchen Rosen aus, von denen aber die eine sich nicht erhalten hat.
1558, ein Jahr nach der Einführung der evangelisch-lutherischen Kirchenordnung Herzog Wolfgangs von Pfalz-Zweibrücken, wird der Hochaltar, der Maria geweiht war, aus dem Chorraum entfernt. Er findet nun seinen Platz unter dem Chorbogen, das Gestühl wird von vier Seiten um ihn und die Kanzel gruppiert.
Nachdem 1580 bei einem Sturm der Westgiebel des Turmdachs einstürzte und zwei Gewölbeviertel zerstörte, wurden beim Wiederaufbau des Gewölbes die Wandmalereien des 14. Jahrhunderts übertüncht. Erst 1908 wurden sie wieder entdeckt und freigelegt. Diese Wandmalereien erzählten den meist leseunkundigen Menschen von damals die Geschichten der Bibel in Bildern. Es sind prächtige Kunstwerke, die unsere Kirche bis weit über die Landesgrenzen berühmt machten.
Zur Bilderbibel der St. Martinskirche
Die beiden Adelsgeschlechter derer von Steinkallenfels und Cathcart zu Carbiston nutzen die Kirche als Grablege. Nach dem Dreißigjährigen Krieg dient die im Winkel zwischen Turm und Schiff nach Norden hin angebaute gotische Sakristei als Grabkammer. Die vermauerte Tür ist außen am Mauerwerk noch erkennbar. Bald schmücken mächtige barocke Epithaphien (Grabplatten) den Chorraum. Die älteren Platten lagen bis 1908 unter den Kirchenbänken.
zu den Epithaphien
Auch sonst macht sich der Barock bemerkbar: 1748 läßt der Freiherr im vorderen Teil der Kirche die schmalen gotischen Fenster durch breite Barockfenster ersetzen. Nicht erst die Aufklärung fordert: Mehr Licht!
1732 erhielt die Kirche ein neues Gestühl und anstelle der steinernen, eine hölzerne Kanzel.
Die Orgel
Die jetzige Orgel mit mechanischem Schleifladen erbaute 1983 Orgelbaumeister Gerhard Kuhn aus Esthal als Opus 7.Sie fand in der Emporenbrüstung ihren Platz. Die Spielanlage ist auf der Rückseite des Instruments.
Die kräftige Intonation des Werkes ist dem südwestdeutschen Stil der Orgelbauerfamilie Stumm verpflichtet. Der zerlegte Cornett, die Mixtur und die Zunge geben dem Werk eine dreifach abgestufte Klangkrone.
Die Glocken der St. Martinskirche
Der vor 1200 erbaute Turm besaß, wie an den vier romanischen Schallarkaden abgelesen werden kann, von Anfang an Glocken. In der französischen Revolution wurden diese Glocken von den Soldaten geraubt. Erst 1834 beschaffte das Dorf zwei neue Glocken zu 434 und 232 Pfund, die Glockengießermeister Peter Lindemann aus Zweibrücken goß.
Diese Glocken wurden im Laufe der Jahre zu Kriegszwecken und zugunsten neuerer Glocken wieder eingeschmolzen.
Im Jahr 1953 goß Meister Albert Junker in Brilon zwei Geäute aus Sonderbronze, gis´-h´cis´´ für Großbundenbach und e´fis´für Pattern. Seit 1992 bilden diese in der Tonlinie exakt zusammenpassenden Glocken das fünfstimmige Motiv im romanischen Chorturm der St. Martinskirche, die seither ein ihrer historischen und kunstgeschichtlichen Bedeutung entsprechendes klangvolles Geläute ihr eigen nennt:
Name | Ton | Gewicht | Durchmesser | Jahr des Einbaus |
---|---|---|---|---|
Sonntagsglocke | e | 1100 kg | 127,7 cm | 1992 |
Abendglocke | fis | 745 kg | 113 cm | 1992 |
Totenglocke | gis | 553 kg | 99 cm | 1953 |
Vaterunserglocke | h | 322 kg | 85 cm | 1953 |
Taufglocke | cis | 226 kg | 75 cm | 1953 |
Die Läuteordnung:
Anlass | Glocken |
---|---|
Tod eines Gemeinegliedes | Totenglocke |
Beerdigung | Sonntagglocke Abendglocke |
während des Vaterunsers im Gottesdienst | Vaterunserglocke |
werktags, 7 Uhr | Taufglocke |
werktags, 11 Uhr | Betglocke |
werktags, 17 Uhr (im Winter), bzw. 18 Uhr (im Sommer) | Abendglocke |
während der Taufhandlung | Taufglocke |
eine Stunde vor Gottesdienstbeginn | Taufglocke |
eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn | Taufglocke Betglocke |
zu Beginn des Gottesdienstes | Sonntagsglocke Abendglocke Totenglocke Vaterunserglocke |
Bei der Einsegnung während der Konfirmation, bzw. Jubelkonfirmation | Totenglocke Vaterunserglocke Taufglocke |
bei der Einsegnung während der Trauung | Totenglocke Vaterunserglocke Taufglocke |
am Abend der Sonn-und Feiertage | Sonntagsglocke Totenglocke Vaterunserglocke Taufglocke |
am Abend vor den Sonn-und Feiertagen | Abendglocke Totenglocke Vaterunserglocke Taufglocke |
Die Bilderbibel der St. Martinskirche
Seit 1908 sind sie wieder da, die farbig leuchtenden Wandmalereien in St. Martin. Bei der seit 1907 währenden umfangreichen Kirchenrenovierung war zuerst die Gestalt St. Georgs links neben dem großen Ostfenster aufgetaucht: 16 Schichten Kalkfarbe lagen darüber. Daraufhin stellte die Königliche Regierung der Pfalz am 18.11.1907 die Bauarbeiten ein. Hauptkonservator Prof. Haggenmiller auus München untersuchte den Chorraum nach weiteren Malereien und wurde bald fündig. Im Kirchenschiff wurde auch gesucht, aber ohne Erfolg. Sein Bruder, der Kunstmaler Franz Haggenmiller, übernahm die Freilegung und Restaurierung. Seither hat die Bundenbacher Martinskirche einen festen Platz in der Kunstgeschichte der Pfalz.
Das Programm der Malereien ist theologisch genau durchdacht: Seine Mitte ist Christus Pantokraktor imGiebelfeld des Chorgewölbes nach Osten. Auf ihn laufen die Welt- und Heilsgeschichte zu. Jesus sitzt auf dem Richterstuhl, die rechte Hand zum lateinischen Segensgestus ausgestreckt, die linke hält das Buch mit den sieben Siegeln, das Buch des Lebens und der Weisheit. Das bärtige Haupt ist von einem Nimbus umschlossen. Den Alleinherrscher Christus umgeben die Symbole der vier Evangelisten: der Engel des Matthäus, der Löwe des Markus, der Stier des Lukas und der Adler des Johannes. Die den Evangelisten beigegebenen Spruchbänder sind leer. Über ihren Häuptern stehen kleine Engel mit erhobenen Armen.
Das südliche und das westliche Gewölbefeld des Chors haben beim Einsturz des Turmgiebels 1580 ihre Bemalung eingebüßt. Vielleicht waren hier die Geburt Jesu und seine Taufe, und im westlichen Feld seine Kreuzigung und seine Auferstehung dargestellt.
Im nördlichen Gewölbefeld sehen wir seine Himmelfahrt (um die Bewegungen des Heilandes auszudrücken, sind die Fußabdrücke mit dargestellt) und die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Schar seiner Jünger. Von der Taube des heiligen Geistes gehen Feuerzungen auf die Jünger aus, die mit Maria auf den Zinnen Jerusalems versammelt sind. Über die Kreuzrippen sind sie mit dem Gewölbeschlußstein verbunden, der die vier Himmelsrichtungen anzeigt, die den Kosmos ordnen.
In der oberen Zone der Chorwände haben die Heiligen ihre Plätze, an der Ostwand im Angesicht der Gemeinde, St. Georg und St. Martin, beide zu Pferd.
Links ist St. Georg in der Kleidung der Deutschordensritter zu sehen. Das bärtige Haupt des Kriegsmannes im Kettenhemd ist von einer Gloriole umgeben. Zu Füßen seines Rosses wälzt sich der furchterregende Drachen mit großen Tatzen und schlagendem Schweif. In seinen Rachen bohrt sich die Lanze St. Georgs. In der unteren Zone sind die vier Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel abgebildet.
St. Martin rechts teilt mit seinem Schwert den Mantel und reicht ihn dem Bettler. St. Martin war der ursprüngliche Patron der Bundenbacher Kirche. Kirchen mit dem Patrozinium St. Martin gehören zu den ältesten überhaupt und haben sehr oft Adelsfamilien unter ihren Gründern.
Unter diesem Freskenbild sind die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes dargestellt.
An der Nordwand sind im unteren Bereich die Malereien durch den Einbau der barocken Grabplatten beeinträchtigt. Von dem Apostelfries sind nur noch zwei Figuren ganz erhalten: Johannes der Täufer im Fellkleid und mit dem Medaillon des Osterlammes. "Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt" (Joh. 1,29). Das Lamm, das auch auf dem Gewölbeschlußstein über dem Pfarrstuhl dargestellt ist, war das mittelalterliche Ortswappen und Gerichtssiegel des Bundenbacher und Käshofer Gerichts. Die Männergestalt neben dem Täufer wurde bisweilen auf Christus gedeutet, was aber nicht zwingend ist. Über Johannes ist ein Mann mit Judenhut zu sehen, der mit der Schüssel und dem Richtschwert auf die Hinrichtung des Täufers hinweisen soll.
Oben an der Nordwand ist überlebensgroß St. Christophorus mit dem Christuskind, einer der vierzehn Nothelfer. In vielen mittelalterlichen Wandmalereien ist dieser Riese vertreten, in der Regel hat er seinen Platz gegenüber der Kirchentür. Inmitten der Darstellung ein Christuskopf mit Gloriole, links davon eine Osterszene mit dem schlafenden Grabeswächter nach dem Bericht des Matthäus. Christus, die Rechte segnend erhoben, in der Linken das Kreuz, erhebt sich siegreich aus einem Steinsarg.
An der Südwand wurden erst um 1965 Reste von Wandmalereien gefunden. Der Apostelfries der Nordwand setzt sich hier fort, abgesehen von den Gesichtern sind aber nur noch schwache Umrisse erkennbar.
Die Bilder in den Fensternischen unterliegen einem genauen Schema: Es sind einmal zwei Frauen, einmal zwei Männer, einmal ein Mann und eine Frau zusammen gruppiert. Die Dekoration aus gotischen Bögen und Rosenranken ist stets gleich.
Im großen Ostfenster links die Verkündigung der Geburt Johannes des Täufers an Zacharias, der ganz im Stil der Zeit als Priester bei der Meßfeier gezeigt wird. Der dabei gezeigte Altar entspricht in Altardecke und Garnitur recht genau dem Altar der Martinskirche.
Links ihm gegenüber ist ein adliger Kreuzfahrer, der als Zeichen seines Standes einen Dolch trägt. Er hält in der Hand die Fahne der Kreuzfahrer und zeigt damit an, daß er dem Aufruf St. Bernhards zur Befreiung der heiligen Stätten er Christenheit befolgt hat. Viele Adlige des Westrich haben and den Kreuzzügenteilgenommen, die Erinnerung daran war noch lebendig, als die Wandmalereien entstanden.
Epitaphien der St. Martinskirche
Bis 1853 war die Kirche umgeben vom Friedhof der Pfarrei: Um die Gemeinde der Lebenden scharte sich die Gemeinde der Verstorbenen. In der Kirche wurde seit der Reformation der Ortsadel bestattet. Zuvor hatte dieser seine Grablegen im Kloster Wörschweiler, wo etwa die formvollendete Grabplatte der Ennela, der Gattin Ritter Hugos von Slump, erhalten ist, die 1333 verstarb.
Der älteste Bundenbacher Grabstein datiert von 1583. Der Grabstein der Catharina Sibylla Cathcart v. Carbiston zeigt das Steinkallenfelser Wappen, den goldenen Leopard im grünen Feld.
Das Wappen der Barone von Cathcart zu Carbiston, die von 1674 bis 1777 die Herrschaft Bundenbach besaßen, zeigt drei Jerusalemer Kreuze auf islamischem Halbmond, ein Wappen der Kreuzfahrerzeit. Die zahlreichen Kindergrabsteine in der oberen Galerie der Grabplatten künden von Tragödien aus dem Familienleben der Cathcart.
An dieser Stelle danke ich ganz herzlich Pfarrer Dr. Bernhard Bonkhoff für seine Bücher und Schriften, aus denen ich die Textpassagen, bzw. Informationen übernommen habe.
Elke Rapp
Quellen:
Großbundenbach Kleinbundenbach Mörsbach 2007, ein Dorfbuch von Berhard H. Bonkhoff
Bernhard H. Bonkhoff, 800 Jahre St. Martin Großbundenbach 2006
Pfarrkirche St. Martin Grossbundenbach, Schnell, Kunstführer Nr. 2159, 1. Auflage 1994
Großbundenbach St. Martin, Gloria sei dir gesungen-klangvoll, CD Booklet
Bilder: Elke Rapp, Josef Obermaier